Profi-Tipps vom Fahrradservice

Florian Raab aus Bullenkuhlen erklärt: So wird das Fahrrad fit für den Frühling

Florian Raab Radservice Bullenkuhlen Guter Radclub Frühjahrsinspektion Fahrrad06.03.2024 Foto: Michael Bunk (mbu/BAZ)
Florian Raab vom Fahrradservice Bullenkuhlen meint: Zusätzlich zu einem Check gehört eigentlich auch ein Frühjahrsputz dazu, um das Fahrrad fit für die Saison zu machen.FOTO: MICHAEL BUNK – Elmshorner Nachrichten

Das Wetter lädt so langsam wieder dazu ein, aufs Fahrrad zu steigen. Doch über die Wintermonate kann ein Drahtesel leiden – entweder durch Streusalz oder auch einfach nur durchs lange Herumstehen im stillen Kämmerlein. shz.de ist mit Florian Raab vom Fahrradservice Bullenkuhlen einmal dessen Checkliste durchgegangen, um wieder gefahrlos und mit einem guten Gefühl in die Pedale treten zu können.

Fahrrad ist heute nicht gleich Fahrrad: Naben- oder Kettenschaltung, Fahrradkette oder Riemenantrieb, starre Vordergabel oder mit Federung und nicht zuletzt: reine Muskelkraft oder mit elektrischer Unterstützung? Worauf ist zu achten? Florian Raab, der sich vor drei Jahren mitten während der Corona-Pandemie in einem ehemaligen Stall in Bullenkuhlen selbstständig gemacht hat, sprudelt fast über vor Tipps und Ratschlägen. Dinge, die auch ein Hobbyhandwerker anpacken kann, und die Dinge, die er lieber einem Fachmann überlassen würde.

Doch zu reden ist nur das eine. Anschauen ist besser. Der 44-Jährige nimmt die Redaktion mit, wenn er zusammen mit Lebensgefährtin Astrid Kröger das mitgebrachte Fahrrad – Acht-Gang-Nabe, starrer Rahmen, hydraulische Bremsen – unter die Lupe nimmt.

Auf geht‘s zum großen Fahrradcheck. FOTO: MICHAEL BUNK

Auf geht‘s zum großen Fahrradcheck.

Frühlingscheck in 20 Minuten

Den Halter für Fahrräder in seiner Werkstatt im ehemaligen Kuhstall lässt Florian Raab zunächst unbeachtet. Das Fahrrad bleibt ganz normal auf dem Boden stehen. Er hält die beiden Griffe mit beiden Händen fest und rüttelt einmal kräftig. Das Lenkkopflager ist leicht lose, notiert er auf der Checkliste.

Erster Draufblick auf den aufgebockten Drahtesel. FOTO: MICHAEL BUNK

Erster Draufblick auf den aufgebockten Drahtesel.

Nun aber: Mit Schwung hievt Raab den roten Drahtesel einen Meter hoch und lässt den Verschluss um die Sattelstange einschnappen. Kurz die Taschenlampe gezückt und schon nimmt er das Profil des Vorderreifens unter die Lupe. Die eingedrückten Steinchen fallen ihm sofort auf. Wahrscheinlich Streusplitt vom privaten Winterdienst. Das hat früher schon zu so manch einem Plattfuß geführt. Heute gibt’s den sogenannten unplattbaren Mantel in verschiedenen Stärken und Güteklassen. „Etwa 90 Prozent aller Erwachsenen-Fahrräder haben heute einen unplattbaren Reifen“, sagt Raab.

Kontrolle mit den Fingern: Alle Speichen sind fest. FOTO: MICHAEL BUNK

Kontrolle mit den Fingern: Alle Speichen sind fest.

Speichen und Licht sind Sache für Profis

Gleich danach greift er beherzt in die Speichen. Nicht unbedingt ein Winterding, aber es gehört bei ihm zum Check-up dazu. Lose oder gebrochene Speichen müssten nachgezogen, zentriert oder ersetzt werden. Irgendetwas sei bei fast jedem zweiten Rad in diesem Bereich zu tun. „Das sollte ein Profi machen“, findet Raab, der bei dieser Gelegenheit auch ein Auge auf den Nabendynamo und die dazugehörenden Kabelanschlüsse geworfen hat. Das Licht geht vorne wie hinten. „Wer gut ist, stellt den vorderen Scheinwerfer so ein, dass er wirklich auf den Boden leuchtet und nicht entgegenkommende Autofahrer blendet.“

Am Lenker sind alle Anbauteile fest. FOTO: MICHAEL BUNK

Am Lenker sind alle Anbauteile fest.

Funktioniert die Klingel?

Weiter geht’s wieder am Lenker. Ein kurzer Klingeltest, dann Hand an die Bremsen. Beide Hebel haben viel Spiel. Unser Musterrad hat Hydraulikbremsen. Mit einem Inbusschlüssel justiert er an einer Schraube etwas nach, damit wieder mehr Griff da ist. „Nach einem gewissen Intervall kann es sein, dass ein Ölwechsel fällig wird“, erläutert er.

Mit einem Inbusschlüssel wird der Bremsdruck nachgestellt. FOTO: MICHAEL BUNK

Mit einem Inbusschlüssel wird der Bremsdruck nachgestellt.

Funktionieren die Bremsen?

Bei mechanischen Bremsen werden die Bowdenzüge und die Hüllen kontrolliert. Gleiches macht er auch bei der Gangschaltung, in diesem Fall eine 8-Gang-Nabe. Dass der Anzeige eine Plastikschutzkappe gegen Regen fehlt, hält er für nicht weiter tragisch. Die ausgefranste Hülle an dem Hebel, mit dem heruntergeschaltet wird, aber schon. „Kann es sein, dass dir ein Gang fehlt?“, fragt er. Erwischt. Die Schaltung hat ihre Macken.

Grip o.k. und die Rückstrahler sind an der Pedale auch vorhanden. FOTO: MICHAEL BUNK

Grip o.k. und die Rückstrahler sind an der Pedale auch vorhanden.

Einen Vermerk bekommt auch das Tretlager. Dieses hat ein ganz leichtes Spiel. Heute noch nicht tragisch, aber irgendwann sollte dies gemacht werden, rät er. Dann noch ein Blick auf die Pedale, ob diese noch Grip haben, damit der Fahrer nicht zu leicht mit den Füßen abrutscht, und ob die orangen Rückstrahler noch auf beiden Seiten vorhanden sind. Die sind vorgeschrieben, „fallen aber leicht mal raus und keiner merkt’s“, so Raab.

Moderne Fahrrad-Rahmen sind stabil

Auch für den Rahmen an sich hat er einen kritischen Blick übrig. Das aber eher pro forma. Rahmenbrüche habe es früher gegeben. Bei den modernen Rädern sei diese Gefahr aber praktisch nicht mehr vorhanden.

Ein Arbeitsgang an der Kette: Überschüssiges Fett entfernen und zugleich putzen. FOTO: MICHAEL BUNK

Ein Arbeitsgang an der Kette: Überschüssiges Fett entfernen und zugleich putzen.

Eine Kette hält bis zu 7000 Kilometer

Viel wichtiger in dem ganzen Antriebsapparat ist die Kette. Die könne den Winter über leiden, besonders wenn die Umgebung feucht ist. Rost ist Gift – nicht, weil’s dann unangenehm schabende Geräusche beim Treten gibt. Raabs Tipp: ein gutes Kettenöl aufsprühen und das überschüssige Fett gleich wieder mit einem Lappen entfernen.

Florian Raab misst den Abstand der Kettenglieder und damit die Spannung in dem Antriebsapparat. FOTO: MICHAEL BUNK

Florian Raab misst den Abstand der Kettenglieder und damit die Spannung in dem Antriebsapparat.

Dabei wird die durchlaufende Kette gleich mit geputzt. Gute Pflege bedeutet am Ende auch bares Geld. „Eine Kette kann 7000 Kilometer halten – oder auch nur 500“, verdeutlicht Raab, als er mit einem speziellen Abstandsmesser die Spannung der Kette prüft. Fehlende Kettenspannung ist auch ein Indiz für Verschleiß.

Mit der Taschenlampe in der Hand begutachtet der Fachmann den Hinterreifen. FOTO: MICHAEL BUNK

Mit der Taschenlampe in der Hand begutachtet der Fachmann den Hinterreifen.

Von der Kette geht’s zum Hinterreifen, der die gleiche Behandlung wie sein vorderes Pendant erfährt. Hier wie dort kontrolliert Raab auch, wie gut die Beläge auf den insgesamt vier Bremsklötzen ist. Bei Scheibenbremsen wäre wichtig, dass sich auf den Scheiben kein Flugrost abgesetzt hat oder andere Verunreinigungen vorhanden sind. Das mindert die Bremswirkung – und quietschen tut’s auch unangenehm.

Einmal rütteln: Der Gepäcktreger wackelt nicht. FOTO: MICHAEL BUNK

Einmal rütteln: Der Gepäcktreger wackelt nicht.

Dann noch ein Rütteln am Gepäckträger, die Schrauben des fest angebrachten Korbs nachziehen und dem Fahrradständer einen Klecks Fett gönnen. Fertig ist die Durchsicht.

Ein Klecks Fett für den quitschenden Fahrradständer. FOTO: MICHAEL BUNK

Ein Klecks Fett für den quitschenden Fahrradständer.

Drei Bar Druck für die Reifen

„Die sollte einmal im Jahr gemacht werden“, rät Raab ehe zum endgültigen Abschluss noch den Luftdruck in beiden Reifen kontrolliert. Der sinkt bei langer Standzeit garantiert ab. Und auf die Daumenprüfmethode würde er sich nie verlassen, sondern nur auf das Manometer seiner Luftpumpe. „In der Regel sind drei Bar in Ordnung“, gibt er als Faustregel aus. Wer schnell unterwegs sein will, pumpt ein bisschen strammer auf.

Zum Abschluss werden die Reifen mit mindestens drei Bar Druck aufgepumpt. FOTO: MICHAEL BUNK

Zum Abschluss werden die Reifen mit mindestens drei Bar Druck aufgepumpt.

Alle fünf Jahre ein neuer Fahhradhelm

Apropos schnell. Raabs finaler Tipp hat nicht mit dem Fahrrad selbst zu tun, sondern mit einem anderen, lebensrettenden Utensil: dem Fahrradhelm: „Einfach mal auf das Bau- oder Produktionsjahr gucken.“ Die in der Plastikschale enthaltenen Weichmacher, die am Ende einen Sturz abfedern sollen, entweichen im Laufe der Zeit. „Man sagt, dass ein Helm nach fünf Jahren ausgetauscht werden sollte“, betont Raab. Denn zum sicheren Radfahren gehört eben auch sicher beschützt zu fahren dazu.